Online-Meeting am 3.6.2024
mit Herrn Prof. Dr. Henry W.S. Schroeder
Universitätsmedizin Greifswald, Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie
An Montag, den 3. Juni, fand das vereinsinterne Online-Meeting statt, zu dem wir dieses Mal einen besonderen Gast begrüßen durften: Herrn Professor Schroeder vom Universitätsklinikum Greifswald. Dazu gibt es die folgende Zusammenfassung:
Prof. Schroeder berichtet vom 1. Pineal Cyst Symposium in Cambridge, welches im April stattfand. Dabei gibt er den Teilnehmern des Webinars einen Einblick in die Thematik, was er mit praktischen Beispielen (u.a. mit Videoaufnahmen) sehr anschaulich unterlegt:
- Die Zyste pulsiert mit dem Herzschlag; sie ist kein konstantes, starres Gebilde, wie oft vordergründig angenommen wird!
- Unter den spezialisierten Neurochirurgen gibt es durchaus verschiedene Herangehensweisen beim operativen Eingriff. So herrscht nicht immer Konsens, u.a. bei
- der Entfernung bzw. dem Belassen der Glandula pinealis.
- der Bewertung von MRT-Aufnahmen im Hinblick der Notwendigkeit einer OP: zum gleichen Bild sind u.U. unterschiedliche Beurteilungen hinsichtlich klinischer bzw. therapiebedürftiger Relevanz möglich.
- der OP-Methode: Fensterung versus Totalresektion. Prof. Schroeder sagt dazu: „bei Durchführung einer Kraniotomie gibt es chirurgisch prinzipiell keinen Grund, eine Zyste nicht komplett zu entfernen (unter aller Vorsicht bzgl. venöser Blutungsrisiken). Die Komplettresektion ist in Bezug auf das Ergebnis der Fensterung vorzuziehen.“ Die Klinische Datenlage dazu ist jedoch sehr dünn.
- Prof. Schroeder hat mittlerweile eine sehr große Erfahrung auf dem Gebiet. Einen Ausgang der OP in Bezug auf Symptomfreiheit ist allerdings nach wie vor nicht vorherzusagen. Es ist festzustellen, dass das Ergebnis der Operation nicht immer mit den prä-operativen Befunden (z.B. durch MRT-Bildgebung) korreliert. Beispielsweise beeinträchtigte eine Zyste laut MRT-Bildgebung nicht die Vierhügelplatte, dennoch beseitigte die OP die Sehstörung des Patienten vollständig.
- Es sollten die bestehenden, oft komplexen Krankheitsbilder immer sehr sorgfältig analysiert und abgewogen werden. Wobei auch die Ursachensuche wichtige Hinweise geben kann und differentialdiagnostisch neben den vielfältigen Beeinträchtigungen von Körper- und Organfunktionen (z.B. Auge, Schlaf, Hirndruck) auch psychosomatische Aspekte in Betracht gezogen werden sollten, d.h. Beleuchtung psychosomatischer Faktoren durch Psychiater/Psychologen vor einem operativen Eingriff – auch in Zusammenhang mit dem häufig angeführten Argument des Placeboeffektes einer OP.
- Prof. Schroeder beschreibt die Auswirkung einer „relativen“ Zystengröße. Die absolute Größe ist kein maßgebliches Kriterium. Es sollte auch die Größe im Verhältnis zum „Platzangebot“ betrachtet werden. Auch die Lage und Beweglichkeit (!) der Zyste muss berücksichtigt werden. Letztendlich ist offen, warum manche, selbst kleine Zysten, Symptome hervorrufen, die durch eine OP beseitigt werden konnten und andere, mitunter sehr große Zysten, von vornherein keinerlei Auswirkungen im Alltag der Patienten zu haben scheinen.
Die Gelegenheit zu Fragen zu den verschiedenen Punkten wurde reichlich genutzt. Wir danken Herrn Professor Schroeder recht herzlich für diese großartige Gelegenheit zum Austausch!