Dieser Erfahrungsbericht stammt von einer jungen Frau, die ich über das Internet kennen lernte. Ich war überrascht, wie lang ihr Diagnoseweg gedauert hatte und fragte sie, ob sie ihre Erfahrungen hier teilen möchte.
Bild von Jill Wellington von Pixabay.
Seitdem ich Anfang 20 war, hatte ich immer wieder Kopfschmerzen, Kopfdrücken, selten auch Schwindel und ich war oft sehr müde. Bis ich 24/25 Jahre alt war, dachte ich mir noch nicht viel dabei, da ich in den Jahren auch Depressionen bekam. Ich war dennoch arbeitsfähig und machte weiter. Nur diese Müdigkeit war sehr störend, weshalb mein Hausarzt immer wieder ein Blutbild veranlasste und es dann letztendlich auch auf die Depressionen schob.
Im Jahr 2016 kam unser Kind zur Welt, womit meine 2-jährige Elternzeit begann. In dieser Zeit nahmen die Beschwerden immer mehr zu. Anfang 2018 hatte ich nun fast täglich ein diffuses Kopfdrücken, zeitweise massive Kopfschmerzen. Die Zunge wurde schwer, in meinem Kopf drehte es sich und die Müdigkeit verstärkte sich noch. Ich zog in Erwägung, einen Neurologen aufzusuchen, aber aufgrund der langen Wartezeiten verwarf ich den Gedanken und suchte erneut Rat bei meinem Hausarzt. Dieser nahm wieder nur Blut ab und entließ mich mit den Worten: „Sie sind ja nun Mutter, da ist man nun mal müde und kann davon Kopfschmerzen kriegen.“
Da ich auch Rückenschmerzen hatte, ging ich zum Orthopäden und begann auf dessen Anraten mit Krankengymnastik. Der Physiotherapeutin erzählte ich nochmal alle meine Beschwerden. Sie meinte, dass sich die Beschwerden neurologisch anhören würden und ich doch bitte mit einem Facharzt sprechen solle.
Daraufhin versuchte ich, telefonisch einen Termin zu bekommen, legte aber immer frustriert auf, weil anscheinend nie ein Termin möglich war. Nach langer Suche und Wartezeiten (über vier Monate) bekam ich einen Termin bei einem Neurologen.
Nach einer Untersuchung vermutete dieser lediglich Spannungskopfschmerzen, veranlasste aber „zu meiner Beruhigung“ eine MRT-Untersuchung des Kopfes.
Das MRT hatte ich am 03.09.2018 (1 Tag vor dem 2. Geburtstag unseres Kindes). Ich war auch noch frohen Mutes, als ich hinaus ging und auf meine Bilder wartete.
Die Worte der Radiologin waren ein Schock: „Wir haben etwas Auffälliges gefunden. Sie müssen nochmal mit Kontrastmittel rein“.
Mir rauschte der Kopf.
„Was haben Sie gefunden?“
„Das wissen wir noch nicht. Sie müssen nochmal rein. Sie sind gleich die Nächste. Es wissen schon alle Bescheid.“
Das klang für mich nicht gerade beruhigend. Im Gegenteil! Mir wurde heiß und kalt. Ich dachte an unser Kind, fragte mich, was da wohl in meinem Kopf los ist und ob unser Kind mit Mama aufwachsen kann oder nicht. Ich lag wieder im MRT, bekam die Spritze mit dem Kontrastmittel. Ich versuchte, so ruhig wie möglich zu liegen, aber mir liefen die Tränen die Wangen hinunter. Als es endlich vorbei war und ich aus der Röhre geholt wurde, brach ich in Tränen aus vor lauter Angst, was ich jetzt zu hören bekäme.
Ich ging wieder zur Radiologin. Sie erklärte mir, dass sie eine recht große Pinealiszyste sahen, welche auf den Aquädukt drückte. Bis zu meiner endgültigen Diagnose dauerte es somit ca. 7-8 Jahre! Durch die anschließende Untersuchung mit Kontrastmittel, welches sich nicht in der Raumforderung anlagerte, war sich die Radiologin aber sicher, dass es sich bei der Auffälligkeit höchstwahrscheinlich um eine Zyste und keinen anderen Tumor handelte.
Der Neurologe, den ich daraufhin nochmal aufgesuchte, reagierte professionell und riet mir zu einer Operation. Er erklärte, dass die Zyste zu dieser Zeit schon auf den Aquädukt (Hirnwasserkanal) drückte und zwar (noch) kein Hydrocephalus vorlag, aber für mein Alter ein Ventrikel leicht vergrößert aussah.
Also kontaktierte ich bei uns vor Ort die Neurochirurgie. Allerdings kam es mir persönlich so vor, als hätte die Neurochirurgin auf diesem speziellen Gebiet keine Erfahrung (was soweit ja ok ist). Sie rief mich 2 Tage später an und teilte mir mit, dass sie die Zyste operieren können, aber sie erst während der Operation entscheiden könnten, wie sie mit der Zyste umgehen würden (fenstern oder entfernen). Das klang für mich nicht sehr routiniert.
Nach nächtelanger Suche stieß ich auf eine Adresse, die viel Erfahrung mit solchen Zysten zu haben schien. Ich nahm via E-Mail Kontakt zu dem Neurochirurgen auf und musste nicht lange auf eine Rückmeldung warten. Ich schickte meine MRT Bilder per Post zu ihm und wir besprachen alles weitere am Telefon. Am 15.10.2018 wurde meine 23x15x21mm große Zyste operiert. Sie konnte komplett entfernt werden und es gab keine Komplikationen. Nach sieben Wochen konnte ich die Wiedereingliederung in den Beruf starten, da die Nebenwirkungen der Hirn-OP wie z.B. starke Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsschwierigkeiten, Erschöpfung und Nackenschmerzen abgeklungen waren.
Nach Weihnachten startete ich in den normalen Berufsalltag. Ich bin wieder belastbarer und das Druckgefühl, die Kopfschmerzen und der Schwindel sind verschwunden.
Ich denke mittlerweile, dass diese OP nun ein Teil von mir ist und ich somit immer wieder die Narbe spüren werde. Ich würde mir wünschen, dass Menschen mit wiederkehrenden Kopfschmerzen schneller ernst genommen werden und ein Kopf-MRT zeitiger durchgeführt wird! Ebenso würde ich mir wünschen, dass es nach der OP eine bessere Nachsorge gibt. Eventuell Reha oder zumindest, dass einem zu Hause vor Ort Physiotherapie für das erste halbe Jahr oder ein komplettes Jahr zusteht, um den Körper nach der langen Ruhezeit wieder zu mobilisieren.