Ein Bericht von Anika Rupp über ihre Pinealiszyste.
Mein Leidensweg begann im März 2021. Ich hatte immer mehr mit einem ständigen Schwankschwindel zu kämpfen. Nach einer Blutabnahme stellte meine Hausärztin einen Eisenmangel fest und sagte mir, dass dies die Ursache für meinen Schwindel wäre. Über mehrere Wochen nahm ich hochdosierte Eisentabletten ein, doch anstelle einer Besserung kamen Kopfschmerzen und starke Übelkeit als weitere Symptome hinzu.
An einem Abend waren die Beschwerden so stark, dass ich zu einem HNO-Ärztlichen Notfalldienst fuhr, da ich die Ursache in meinem Gleichgewichtsorgan vermutete. Dieser machte einige Tests und schickte mich daraufhin in die neurologische Notaufnahme, in der ein CT meines Kopfes gemacht wurde. Im Anschluss an das CT sagte mir die Neurologin, dass sie etwas in meinem Kopf gefunden hätte, aber nicht genau wüsste, was es sei und sie daher einen Neurochirurgen dazu holte. Angst machte sich in mir breit. Im ersten Moment dachte ich an tödlich verlaufende, degenerative Erkrankungen des Gehirns und an bösartige Tumore.
Der Neurochirurg erklärte mir, dass ich eine ca. 2,4 cm große Zyste an der Zirbeldrüse habe, die vor meinem dritten Ventrikel (mit Hirnwasser gefüllte Hohlräume) liegt und auf einen schmalen Kanal, den Aquädukt, drückte. Dadurch hatte sich Hirnwasser aufgestaut, d.h. es hatte sich ein Hydrocephalus gebildet, weshalb sich die Ventrikel deutlich erweiterten. Mit einem minimalinvasiven chirurgischen Eingriff könne man jedoch für Entlastung sorgen. Hierfür ginge man mit einem Endoskop über einen Zugang an der Stirn an die Pinealiszyste und steche eine Art Loch, um die Zyste zu entlasten und einen Kanal zu schaffen, durch den das Hirnwasser wieder abfließen könne. Da ein erhöhter Hirndruck auf Dauer schädlich für das Gehirn ist, wurde ich bereits zwei Tage später operiert. Nach der OP kam es jedoch zu einer Hirnblutung, weshalb erneut operiert werden musste.
Nach der ersten Operation
Einige Tage später wurde ich dann entlassen und begann eine ambulante Reha.
Allerdings litt ich bereits eine Woche später wieder unter extremen Kopfschmerzen und ging deshalb erneut in die Notaufnahme. Dort stellte man fest, dass der Hydrocephalus sich nicht zurückgebildet hatte und das CT meines Gehirns daher sehr ähnlich aussah wie vor der OP. Nur hatte sich aufgrund der Hirnblutung zusätzlich ein chronisches Hämatom gebildet, d.h. an der Stelle der Hirnblutung hatte sich eine Art blauer Fleck gebildet. Dies wurde mit einer kleinen Bohrung ambulant entlastet. Nachdem mittels einer Lumbalpunktion kontrolliert wurde, dass sich mein Hirnwasser nicht entzündet hatte, durfte ich das Krankenhaus wieder verlassen. Wochen vergingen, in denen es mir immer schlechter ging. Ich war deshalb bei verschiedenen Ärzten, die mir verschiedene Eingriffe vorschlugen. Jedoch glaubten die meisten Ärzte nicht, dass die Zyste und die großen Ventrikel die Ursache meiner Beschwerden seien. Eine andere Ursache fiel ihnen jedoch auch nicht ein.
Also begann ich selbst im Internet zu recherchieren, was es mit der Pinealiszyste und dem Hydrocephalus auf sich hat, und las eine Doktorarbeit einer Uniklinik über Pinealiszysten. Dabei wurde deutlich, dass meine Beschwerden eigentlich sehr typisch für diese Zysten und auch für den Hydrocephalus sind. Ich schickte deshalb meine Unterlagen zu dieser Uniklinik, mit der Bitte um eine weiter Beurteilung der Sachlage. Daraufhin bekam ich einen Termin für die neurochirurgische Sprechstunde. Für den Arzt war die Lage eindeutig: Meine Zyste wurde nicht ausreichend gefenstert, d.h. das Loch, das bei der ersten OP in die Zyste gemacht wurde, war nicht groß genug. Das sei auch bei der Fensterung über die Stirn nicht so gut möglich, weshalb sich meine Pinealiszyste wieder mit Hirnwasser füllte und weiterhin auf den Aquädukt drückte.
Die zweite Operation der Pinealiszyste
Die Lösung war ein weiterer chirurgischer Eingriff über die Hinterseite des Kopfes, um die Zyste ein weiteres Mal zu fenstern. Einige Tage später war es dann auch soweit und ich wurde ein weiteres Mal am Kopf operiert. Erstmal verlief alles nach Plan, es entstand keine Hirnblutung und der Schwindel wurde schnell besser. Jedoch bekam ich ein paar Tage nach dem Eingriff Probleme beim Gehen und Sitzen. Ich hatte meinen Körper kaum unter Kontrolle. Nach einem weiteren MRT wurde deutlich, dass sich aufgrund der Operation zu viel Luft in meinen Ventrikeln angesammelt hatte. Deshalb erfolgte noch am selben Abend ein Eingriff, bei dem eine externe Ventrikeldrainage gelegt wurde, sodass die überschüssige Luft in meinem Kopf über einige Tage entweichen konnte. Danach ging es mir deutlich besser und ich wurde entlassen.
Erneute Probleme
Einige Wochen später traten meine Symptome wieder häufiger auf. Glücklicherweise hatte ich einen Nachsorgetermin im Krankenhaus und sprach das Problem an. Der Arzt zeigte Verständnis und meinte, dass das MRT bei der Entlassung schon nicht optimal aussah und es sein konnte, dass die Fensterung der Pinealiszyste nicht ausreichte, damit das überschüssige Hirnwasser abfließen konnte. Er schlug vor, einen VP-Shunt zu legen. Ein VP-Shunt ist ein Implantat mit Ventil, welches das überschüssige Hirnwasser über einen Schlauch in den Bauch ableitet. Dort kann das Wasser absorbiert werden und die Symptome, die aufgrund des Hydrocephalus bestehen, sollten sich deutlich bessern. Zwei Wochen später wurde ich dann also ein weiteres Mal operiert.
Danach ging es mir erstmal schlechter, da ich einen normalen Druck in meinem Kopf nicht gewohnt war und ein Shunt verschiedene Druckstufen hatte. Man musste deshalb erstmal für mich die richtige Stufe finden. Dies gestaltete sich schwierig, sodass man noch ein weiteres Ventil einbauen musste, das verhinderte, dass im Stehen zu viel Hirnwasser in den Bauchraum abgleitet wurde. Seitdem geht es aber bergauf. Mir geht es deutlich besser und ich kann wieder ein weitgehend normales Leben führen. Ich gehe wieder arbeiten und kann auch alle Dinge tun, die ich vor meiner Erkrankung gemacht habe. Manchmal gibt es noch schlechte Tage und die Symptome werden schnell getriggert durch zu wenig Schlaf, Stress oder Wetterumschwung. Das ist aber mit Shunt und in Anbetracht der zahlreichen OPs, die ich hatte, normal, und ich lerne, immer besser damit umzugehen.
Rückblick
Im Nachhinein war das ein ziemlich langwieriger Weg, der mit viel Leid, Angst und schwierigen Phasen verbunden war. Rückblickend würde ich mich direkt an die Experten der Uniklinik wenden, da ich gemerkt habe, wie unerforscht die Zirbeldrüse und Hirnzysten sind. Außerdem hat mir der Austausch mit Betroffenen, besonders in der Pinealishilfe, sehr geholfen. Sehr lange Zeit meiner Erkrankung haben mir die Ärzte das Gefühl gegeben, ich sei alleine mit der Problematik und ich war überrascht, wie viele Menschen ähnliche Erfahrungen wie ich gemacht haben.
Rückblickend bin ich erleichtert, dass ich die Pinealiszyste ein zweites Mal fenstern lassen habe. Auch wenn es ein steiniger Weg war, verbunden mit teils schweren Komplikationen, habe ich wieder deutlich an Lebensqualität gewonnen und freue mich auf alles, was in der Zukunft auf mich wartet.
Hallo, mich würde interessieren in welcher Uniklinik du erfolgreich operiert wurdest?
Hallo Gisela,
leider können wir als Verein dazu keine Auskunft geben.
Viele Grüße,
Annika Hauns
Guten Morgen,
der Erfahrungsbericht #2 erinnert mich sehr an meinen Weg, wobei die Fensterung bei mir (doch) nicht durchgeführt wurde und es mir leider noch nicht gut geht. Die Shunt OP ist drei Wochen her. Wie lange hat es bei Dir gedauert, bis die richtige Druckstufe gefunden wurde und die Schmerzen nachließen? VG Christiane